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 Das Wettermuseum in Lindenberg
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Von F5ZV und Ralf

Siehe auch: Von der Montgolfière zur modernen Radiosonde (F) -
Website : http://www.wettermuseum.de

Das Museum für Radiosondierung, das Wettermuseum in Lindenberg, ist ein Ort, der einen Besuch lohnt, nicht nur weil er den Gegenstand unseres Interesses und die Vision eines Wettermuseums in geschichtsträchtiger Umgebung beherbergt, sondern auch für ein pädagogisches Konzept zur Bildung und Weiterbildung auf dem Gebiet der Wetterkunde und Geschichte der Wetterforschung steht.


Der Ort

Lindenberg ist ein kleines Dorf, welches sich 60 km Luftlinie südöstlich vom Zentrum Berlins befindet und ca. 30 km entfernt von der Grenze Polens. Da es zum einen ein abgelegener Ort ist, und er sich in der Nähe eines der wenigen Hügel der Region in einem ansonsten flachen Land befindet, hat Richard Assmann, ein deutscher wissenschaftlich arbeitender Meteorologe, sich 1905 entschieden, hier ein Zentrum zum Studium der Atmosphäre zu gründen.

Ein Jahrhundert später erforscht dieses Zentrum noch genauso intensiv die Atmosphäre als Forschungseinrichtung des Deutschen Wetterdienstes MOL (Meteorologisches Observatorium Lindenberg/ Richard-Assmann-Observatorium), wo unter anderem gegenwärtig jeden Tag 4 Radiosondierungen durchgeführt werden.
Man kann nach Lindenberg von Berlin oder von Frankfurt (Oder) mit dem Zug fahren, oder mit dem Auto auch auf der Bundesstraße B 246, wozu man die Autobahn E30 bei Storkow verlässt (vergleiche den Buchstaben "
S" in der Abbildung gegenüber) und die Richtung Beeskow nimmt.
Die geografische Position des Museums ist: 52º12'29,4'' N/ 14º6'48,32'' O.
Die Postanschrift ist:
Wettermuseum e. V.
Herzberger Straße 21
15848 Tauche, OT Lindenberg.


Die Markierungen bedeuten:

B1: Ballonhalle Nr. 1 von 1905, zum Aufblasen der Ballons im Observatorium, restauriert, wird gegenwärtig benutzt für die Vorbereitung der Radiosonden.
B2: Ballonhalle Nr. 2 von 1936, früher zum Aufblasen und Lagern der Fesselballons und zum Lagern der Drachen, restauriert, enthält heute eine Dauerausstellung des Museums, die der Sondierung mit Drachen, Fesselballons und Radiosonden gewidmet ist. Auf dem gleichen Gelände befinden sich auch das Windenhaus von 1936 und die Radiosondenprüfzentrale von 1938, die heute in umgebautem Zustand als Museumshauptgebäude genutzt wird und die eine einzigartige Dauerausstellung zu den Themen "Wetter und Klima" beherbergt.


Der Verein

Die hundertste Wiederkehr der Gründung des Observatoriums wurde 2005 gefeiert, und es war im September 2006, als Bernd, Frank und Hans sowie rund 30 weitere Meteorologie- und Geschichts-Fans beschlossen, einen Verein zum Aufbau eines Museums für Meteorologie und Aerologie zu gründen. Es war wirklich keine Kleinigkeit, die Ballonhalle (B2 auf dem Luftbild weiter oben), die 1936 errichtet worden war, im Jahr 2007 für ihre Bestimmung herzurichten, eine große Dauerausstellung aufzunehmen. Eigentlicher Ausgangspunkt der Vereinsarbeit war im jedoch Jahr 2006 zunächst nur das Nebengebäude einer leerstehenden Schule. Dieses war nach seiner Herrichtung für die Jahre bis 2014 das Museumshauptgebäude mit einer ersten Dauerausstellung zur Meteorologie-Geschichte.



Die Ziele und die Aktivitäten des Vereins "Wettermuseum e. V."

Wie andere Museen, die etwas auf sich halten, hat es sich das Wettermuseum zur Aufgabe gemacht:
- Objekte und Dokumente aus der Meteorologiegeschichte, vor allem solche, die mit den Messungen in der Atmosphäre zusammenhängen, zu sammeln, zu bewahren und zu restaurieren und auszustellen
- die Phänomene, die sich in der Atmosphäre abspielen und die Wege, diese Phänomene zu untersuchen, den Besuchern bekannt und verständlich zu machen, insbesondere den Schülern
- beizutragen zur Darstellung der Geschichte der Forschungsarbeiten des Observatoriums und der Technologien, die dort benutzt wurden (Sondierungen mit Fesselballons, Drachen…).

Alle drei Ziele wurden inzwischen erreicht. Vor allem, dank zahlreicher Spenden, das Zusammentragen einer Reihe von alten Messapparaturen und Radiosonden verschiedener Hersteller, wovon einige auch aus dem letzten Weltkrieg stammen. Alte Drachen und eine Raketensonde werden zusammen mit den Radiosonden in der alten Ballonhalle (siehe B2) ausgestellt. Auf 15 Erläuterungs-Postern werden alte Photos gezeigt, die es ermöglichen, sich die Art und Weise vorzustellen, wie die alten Messverfahren funktioniert haben. Eine besondere Vitrine versammelt die Hauptbestandteile alter und gegenwärtiger Radiosonden, welche es allen Besuchern, Anfängern wie Spezialisten, gestatten, die Funktionsweise der einzelnen Bestandteile zu verstehen und deren Entwicklung nachzuvollziehen.
Besonders der zweite Zielpunkt, die Information von Schülern im Rahmen pädagogischer Projekte, trägt in sehr anschaulichen Maße zur Bildung im Bereich der Naturwissenschaften bei. Dem Motto, einer Weisheit des Philosophen Konfuzius : "Erkläre es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde mich erinnern. Lass es mich selber tun, und ich werde es verstehen." auf unserer Homepage folgend, arbeiten Schüler in Projekten die Wissen, Experimente und das Verstehen von Phänomenen der Meteorologie vermitteln. Praktische Arbeiten wie zum Beispiel der Bau einfacher Wettermessgeräte runden den Besuch im Wettermuseum ab. Weitere Informationen findet man auf der Homepage des Wettermuseums.

 
     



Der Besuch

Der Besuch, der die Grundlage für diese Informationen bildet, fand 2011 statt. Er begann im damaligen Ausstellungsraum des Empfangsgebäudes an der Schulstraße, das heute nicht mehr existiert.
Hinweistafeln führten den Besucher auf kurzem Weg zum Empfangsgebäude, Parken war einfach. Zu Beginn der Besichtigungstour haben wir uns einen Film (mit englischen Untertiteln) von ungefähr 12 Minuten, der um 1930 gedreht wurde, angesehen. 1930 war eine Epoche, in der die Radiosonden am Anfang ihrer Entwicklung standen, aber im normalen Wetterdienst noch nicht genutzt werden konnten. An alle Mittel zum Messen in der Atmosphäre wird erinnert und besonders an die Drachen. Die Instrumente, die man auf der Leinwand sah, waren auch alle in dem Ausstellungsraum vorhanden: das Aspirations-Psychrometer, das 1889 von Assmann erfunden wurde, die Thermometer, die Regenmesser, die verschiedenen Apparate, um die Sonnenstrahlung zu messen (das Lindenberger Observatorium widmet gegenwärtig einen großen Teil seiner Bemühungen der Erforschung der solaren Strahlung). Man entdeckte dort natürlich auch zahlreiche Dokumente und Fotos, die die Arbeit der Meteorologen in der Epoche Assmanns und Teisserenc de Bort's veranschaulichen.

  
 Bernd und das Aspirations-Psychrometer von Assmann    Einführung in die aerologischen Messungen und Ausstellung der Regenmessgeräte (rechts)


Kleine Tour durch das Observatoriumsgelände

Ein kleiner Spaziergang von 600 m brachte uns vor das Gebäude, wo die Mittags-Radiosonde vorbereitet wird. Der Ballon von 800 g (inklusive Fallschirm) wurde gerade aufgeblasen (mit Helium). Die Radiosonde war eine RS92S GP und ihre Frequenz war gewöhnlich 405.100 MHz, wie die von Stuttgart. Obwohl man sie nach ungefähr 10 Minuten in der Luft aus den Augen verliert, ist der Moment immer beeindruckend, vor allem, wenn man sich sagt, dass sie in Polen herunterkommen könnte. Man wird während des Aufstieges an Paul Duckert denken, der am 22. Mai 1930 hier die erste deutsche Radiosonde die er selbst konzipiert hatte, aufsteigen ließ. Sie registrierte und sendete als erste gleichzeitig alle drei Werte; für Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit.
Auf dem Hügel fand sich ein fremdartiges Gebilde, das einen an ein Gewächshaus erinnerte: das war das Windenhaus 1. Man hätte versucht sein können, den Namen mit "das Haus der Winde" zu übersetzen, aber das wäre ein Irrtum, denn das Haus erledigte das Winden (Auf- und Abwickeln der Drachenschnur) mit der Winde, die 1910 bis 1954 die Manöver der großen Drachen möglich machte, bis zu mehr als 4.000 m Höhe, und bis auf die bis heute unüberbotene Rekordhöhe für Drachengespanne von 9.750 Metern am 1. August 1919. Das ganze Häuschen drehte sich um seine Achse, um seinen Rücken in den Wind stellen zu können. Die Mechaniker konnten (wenn die Sicht das ermöglichte), den Drachen am Ende des Stahlkabels mit den Augen verfolgen: man stelle sich vor, ein Kabelbruch (der passierte relativ häufig) und der Drachen verschwand in der Ferne, den Rest des Stahldrahts hinter sich her schleppend. Eines Tages in Tegel, das Observatorium arbeitete vor Lindenberg in der Nähe von Berlin, legte ein Gespann von fünf Drachen mit 7 km Stahldraht im Schlepptau eine Strecke von 140 km zurück und verursachte in seiner Schleppspur am Boden große Schäden.
Das erklärt, weshalb Richard Assmann einen verlassenen Ort suchte, um sein neues Observatorium zu errichten. Alles das ist sehr gut erzählt auf der vorzüglichen Website "Alte Drachen" (siehe den Link am Fuß der Seite).

  
 Vorbereitung der 12-Uhr-Radiosonde (aufgestiegen um 11:45 Uhr)    links das Windenhaus 1 und rechts das Laborgebäude, das der Erforschung der Strahlung gewidmet ist


Das Wettermuseum, Museum für Meteorologie und Aerologie

Zurück zum Museum, genau zur Nr. 21 an der Herzberger Straße. Von links nach rechts: die Ballonhalle 2. (damals) umkränzt von Gehölz, ein Dach mit zwei abgerundeten Flächen, welches an eine Scheune in Nordamerika erinnerte, das Windenhaus 2 und die im Jahr 2013 zum Museumshauptgebäude umgebaute alte Radiosondenprüfzentrale von 1938. Alle drei Gebäude sind ehemalige Einrichtungen des Observatoriums und insofern auch als Gebäude Zeitzeugen der Meteorologiegeschichte.
Im Windenhaus 2 von 1936 ist die ehemals darin betriebene Winde ausgebaut. Sie befindet sich jetzt auf einem LKW-Anhänger für ehemals mobile Einsätze mit Fesselballonaufstiegen. Das Windenhaus wird als Ausstellungsraum für technische Einzelheiten der Drachenaufstiegs-Technologie genutzt.
Daneben die Ballonhalle 2, ein 1936 gänzlich aus Holz errichtetes Gebäude, welches zum Füllen der Ballons diente und zum Lagern der Fessel-Ballons und Drachen. Wegen seiner baulichen Besonderheit und seiner technologiegeschichtlichen Bedeutung steht das Gebäude genauso wie das Windenhaus unter Denkmalschutz und wurde denkmalgerecht restauriert. Ein großes Schiebe-Tor auf der von der Straße abgewandten Gebäudeseite gestattete seinerzeit das Hinaustragen der startbereiten Ballons.



In der Ballonhalle 2 befindet sich die Ausstellung mit der Entwicklungsgeschichte der Drachenaufstiege und der Entwicklung der Radiosonden. Man betritt sie durch eine kleine Tür, und alle Besucher sind überrascht, da sind die riesigen Drachen, die an der Hallendecke aufgehängt sind. Davon sind die meisten alten Bauplänen nachgebaut.

Sechs Vitrinen behandeln zu verschiedenen Themen Messinstrumente, ganz und zerlegt, um die Funktionsteile zu zeigen. So kann man sich wundern über die Ingeniosität unserer Vorfahren bei der Verwirklichung der Sensoren oder der Entwicklung von gleichzeitig immer preisgünstigeren, leichteren und genaueren Systemen (wenigstens zurzeit). Zusätzlich zu den Radiosonden kann man Meteorographen (Registriergeräte, die in Drachen oder an Fesselballons in die freie Atmosphäre gebracht wurden), sowie Raketensonden und eine Dropsonde sehen.
Rund zehn Erläuterungstafeln präsentieren alte Fotos oder helfen mit Grafiken und sonstigen Informationen, die in den Vitrinen ausgestellten Exponate zu verstehen.
Die kurzen Erklärungen sind ausreichend sowohl für die normalen Besucher wie auch für den erfahrenen Interessenten.

Die frühere Radiosondenprüfzentrale von 1938 ist inzwischen in sehr attraktiver Weise zum heutigen Museumshauptgebäude umgebaut worden und enthält seit 2015 eine Dauerausstellung mit den drei Hauptabteilungen: Entwicklung der Messinstrumente und -verfahren (1), von den Messwerten zur Wettervorhersage (2) sowie Klimageschichte der Erde und Klimawandel (3).
Seit unserem Besuch im Jahr 2011 hat sich das Museum in erstaunlichem Maße weiter entwickelt und zeigt diese außerordentlich interessante Dauerausstellung zur Geschichte der Meteorologie und der Klimaforschung unter dem Thema "Vom Wetter zum Klima".

  
 die Ballonhalle 2 von der Straße aus gesehen    das Windenhaus 2

  
 ein kleiner Ausschnitt des Ausstellungsraumes (in der Ballonhalle 2)    eine Erläuterungstafel für die Radiosonden

  
 Sensoren und andere Bestandteile einer Radiosonde    Raketensonde, Dropsonde und Radiosonde für Fesselballons
  
 Meteorographen für Drachen, Flugzeuge, Freiballone und bodennahe Liftsysteme    Dart (= Pfeil, oder oberste Raketenstufe) einer Raketensonde



Ruhe gibt es nicht. Immer wieder neue Ideen werden im Vorstand diskutiert und wenn möglich in die Realität umgesetzt. So ist seit Ende 2015 das Amateurfunkrufzeichen der Klubstation DL0WML in der Luft und vermittelt Funkamateuren auf der ganzen Welt Informationen zum Wettermuseum in Lindenberg.

Weitere Informationen: www.wettermuseum.de

                                www.facebook.com/wettermuseum

Bibliographie und Quellen

Lindenberger Himmels Jäger - Ein fesselndes Buch schreibt von Hans Steinhagen, Historiker des Vereines
Meteorologisches Observatorium Lindenberg - Richard-Aßmann-Observatorium

100 Jahre Atmosphärensondierung am Meteorologischen Observatorium Lindenberg (Promet 2005 Helf 2-4)
Entdeckungen in freier Atmosphäre

Cerfs-volants anciens (F).